„Stop the count!”“- drei Worte, die in letzter Zeit weltweit für Unverständnis und Wut gesorgt haben.
Keine zwei Tage nach den US-Präsidentschaftswahlen forderte Donald Trump einen Stopp der Abstimmung, da sein Vorsprung in den „Swing-States“ allmählich durch Briefwahlstimmen dahin schmolz. Schließlich dauerte es vier Tage, bis Joe Biden der „President elect“ war. Diese Verzögerung kann auch dadurch erklärt werden, dass in einigen US-Bundesstaaten – anders als in Luxemburg – Briefstimmen auch dann gezählt wurden, wenn sie einige Tage nach dem Wahltag eintrafen.
Im Jahr 2018 wurde hierzulande die „Briefwahl für alle“ eingeführt. Seitdem können alle Wähler per Post abstimmen – ohne Angabe von Gründen. Ein großer Erfolg, denn bei den letzten Parlamentswahlen stimmten doppelt so viele Menschen per Brief ab, wie zuvor. Für in Luxemburg lebende Wähler funktioniert die Briefwahl normalerweise problemlos.
Gleiche Rechte für alle Stimmen
Für diejenigen Wähler, die am Wahltag nicht in Luxemburg sind, ist die Situation anders. Dies gilt z.B. für die zahlreichen luxemburgischen Studenten und Studentinnen im Ausland. Sie erhalten ihre Unterlagen regelmäßig erst in der Woche vor der Wahl. Dies reicht oft nicht aus, damit der Stimmzettel rechtzeitig in Luxemburg ankommt. Insbesondere wenn die Stimme aus London, Wien oder München geschickt wurde.
Bei den letzten Parlamentswahlen kamen mehr als 5% der Stimmzettel zu spät im Wahllokal an. Das sind mehr als 2.000 Wähler – ziemlich viel, wenn man bedenkt, dass es bei der Verteilung der ‚Restsitze‘ oft auf weniger als 100 Stimmen ankommt.
Die JDL fordert daher die Einführung der elektronischen Abstimmung, des sogenannten E-Voting. So wird es den Wähler und Wählerinnen, die im Ausland leben, einfacher gemacht ihre Stimme abzugeben. Das E-Voting sollte aber nur eine zusätzliche Option für die Stimmabgabe sein. Soll heißen, der klassische Stimmzettel und die Briefwahl werden nicht abgeschafft werden.
Estland war 2005 das erste Land der Welt, das die Möglichkeit einführte, online abstimmen zu können. Bei den letzten Parlamentswahlen haben rund 44% der estnischen Wähler und Wählerinnen diese Möglichkeit genutzt. Damit kein Dritter einen Wähler beeinflussen kann – ein Risiko, das auch bei der Briefwahl besteht – kann der Stimmzettel während der Internet-Abstimmungsphase mehrfach ausgefüllt werden, aber nur die letzte Stimmabgabe zählt.
E-Voting trägt auch dazu bei, dass weniger Stimmzettel ungültig sind. So macht das System Wähler und Wählerinnen darauf aufmerksam, wenn zu viele Stimmen verteilt wurden oder zusätzlich zur Listestimme noch ‚Köpfe‘ angekreuzt wurden. Rund 4% der Stimmzettel waren bei den letzten Parlamentswahlen in Luxemburg ungültig. Das sind fast 10.000 Wähler. In Deutschland liegt die Quote nur bei einem Prozent. Das deutsche Wahlsystem ist jedoch auch viel einfacher als das Luxemburgische.
Sicherheit ist natürlich ein zentraler Aspekt bei Wahlen – insbesondere beim E-Voting. Das Wahlgeheimnis muss geschützt werden, das System muss zuverlässig sein und Manipulationen dürfen nicht möglich sein. Nur so wird E-Voting von den Wählern akzeptiert.
Eine Möglichkeit hierfür könnte die ‚Blockchain‘-Technologie sein. Hier können die Wähler ihre Stimmzettel mit einem elektronischen Schlüssel abgeben, der ihnen von einer zentralen Behörde zugesandt wird. Jeder Kandidat hat eine Art Konto, auf dem seine Stimmen gezählt werden. Jeder Wähler erhält eine Kopie des Abstimmungsprotokolls, die überprüft werden kann, was eine Manipulation äußerst schwierig oder sogar unmöglich macht.
Man muss natürlich über die erforderlichen IT-Kenntnisse verfügen, um dieses Verfahren steuern zu können. Diese Überprüfung muss nicht mehr wie heute auf die staatlichen Behörden beschränkt sein. Es ist wichtig, dass die Identität der Wähler auch in Zukunft unerkannt bleibt – was mit effizienteren Computern, wie den heutigen, gewährleistet sein sollte.
Daher fordert die JDL die Einführung des E-Voting erst für die nächsten Parlamentswahlen im Jahr 2028. In diesem Zeitraum bleibt genügend Zeit, um ein sicheres E-Voting-System für Luxemburg zu entwickeln.
Lou Linster
Vizepräsident der JDL, Ingenieur und Gemeinderat in Leudelingen